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Die digitale Transformation und Künstliche Intelligenz (KI) prägen zunehmend Alltag und Bildungsprozesse (KMK, 2024). Large Language Models (LLMs) können Lernumgebungen personalisieren (Kasneci et al., 2023), bringen aber auch Herausforderungen mit sich, etwa hinsichtlich der Qualität generativer KI-Antworten, die die Selbstständigkeit und das Denken Lernender beeinflussen können (Steinhoff, 2023). | |||
Im Deutschunterricht ist die Erörterung ein zentraler Bestandteil der Abschlussprüfung. Oft wenden Schüler:innen den Aufbau mit Einleitung, Hauptteil und Schluss jedoch lediglich mechanisch an, statt sich tiefer mit dem Thema auseinanderzusetzen. Besonders die Einbindung von Gegenargumenten bereitet Schwierigkeiten. Vielen Lernenden fällt es schwer, sie nicht nur zu benennen, sondern kohärent einzubinden, verschiedene Perspektiven einzubeziehen und fundierte Schlussfolgerungen daraus abzuleiten (vgl. Rezat 2011, S. 60). Um ihre Argumentationskompetenz zu stärken, ist es daher essenziell, dass Lernende ihre eigenen Vorstellungen bewusst hinterfragen und Informationen logisch ordnen (vgl. Rösch 2019). | |||
Daraus ergibt sich das Vorhaben des in diesem Beitrag vorgestellten Forschungsprojekts: die Entwicklung eines evidenzbasierten digitalen Lehr-Lernsettings, in dem KI als Interaktionspartner zielgerichtet eingesetzt wird, um Jugendliche zu einer reflektierten Auseinandersetzung mit verschiedenen Positionen anzuregen und ihre Argumentationskompetenz zu fördern. Dabei wird besonders auf die Bedeutung von Prompting und die Potenziale einer KI-Interaktion eingegangen. Anstelle eines rein generativen Ansatzes (Chat-to-Generate) wird hier ein dialogisches Konzept verfolgt (Chat-to-Chat), bei dem die KI als „Schreibpartner“ fungiert und gezielt dazu anregt, Gegenargumente zu formulieren, unterschiedliche Perspektiven zu berücksichtigen und kritisch über die eigene Position nachzudenken. Die zentrale Forschungsfrage lautet: „Inwiefern fördert eine KI als dialogischer Lernpartner die schriftliche Argumentationskompetenz von Jugendlichen in der Sekundarstufe I?“ | |||
Im Rahmen einer Interventionsstudie in einer neunten Klasse der Sekundarstufe I in Baden-Württemberg werden zwei unterschiedliche Interaktionsansätze getestet: (1) eine KI, die inhaltliche Informationen zum Thema „Fast Fashion“ bereitstellt und die Lernenden zur Überarbeitung ihrer Texte anregt, und (2) eine KI, die sokratische Rückfragen stellt und damit kognitive Dissonanzen erzeugt, um argumentatives Denken zu vertiefen (Opper, 2023). Ein dreistufiges Modell fördert Selbstwahrnehmung und Perspektivwechsel (Bussmann, 2017, 2019). Im ersten Schritt reflektieren Lernende eigene Überzeugungen und Emotionen (Runtenberg, 2016), bevor sie im zweiten Schritt Gegenpositionen übernehmen (Feilke, 2010). Anschließend integrieren sie diese neuen Einsichten in ihre Argumentation, um verschiedene Standpunkte fundiert abzuwägen. Der Schreibprozess ermöglicht es, auf metakognitives Wissen zurückzugreifen, einen übergeordneten Standpunkt einzunehmen und Inhalte aus einer Meta-Perspektive zu betrachten (Kuntze/Prediger 2005). | |||
In einem Pre-Post-Test-Ansatz fertigen sie nach einer ersten Schreibaufgabe (Pretest) eine überarbeitete Fassung (Posttest) an. Zwei Interventionsgruppen arbeiten dabei mithilfe unterschiedlich konzipierter KI-Interaktionen. Die KI übernimmt eine „Co-Acting“-Funktion, um den Einfluss variierender Promptstrategien auf Schreib- und Reflexionsprozesse zu untersuchen. Die schriftlichen Ergebnisse werden nach der NAEP Globalskala für argumentierende Texte bewertet (Gorman, 2010), während die Interaktionsprotokolle einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) unterzogen werden. | |||
Erste Ergebnisse zeigen, dass eine dialogische, insbesondere sokratisch geprägte Interaktion mit der KI zu kohärenteren, kritisch-reflektierteren Texten führt als das bloße Übernehmen generierter Inhalte. Damit wird ersichtlich, dass beim KI-Einsatz nicht allein die Textproduktion, sondern vor allem eine kognitiv aktivierende Interaktion im Mittelpunkt stehen sollte. |
Version vom 26. März 2025, 17:12 Uhr
Die digitale Transformation und Künstliche Intelligenz (KI) prägen zunehmend Alltag und Bildungsprozesse (KMK, 2024). Large Language Models (LLMs) können Lernumgebungen personalisieren (Kasneci et al., 2023), bringen aber auch Herausforderungen mit sich, etwa hinsichtlich der Qualität generativer KI-Antworten, die die Selbstständigkeit und das Denken Lernender beeinflussen können (Steinhoff, 2023). Im Deutschunterricht ist die Erörterung ein zentraler Bestandteil der Abschlussprüfung. Oft wenden Schüler:innen den Aufbau mit Einleitung, Hauptteil und Schluss jedoch lediglich mechanisch an, statt sich tiefer mit dem Thema auseinanderzusetzen. Besonders die Einbindung von Gegenargumenten bereitet Schwierigkeiten. Vielen Lernenden fällt es schwer, sie nicht nur zu benennen, sondern kohärent einzubinden, verschiedene Perspektiven einzubeziehen und fundierte Schlussfolgerungen daraus abzuleiten (vgl. Rezat 2011, S. 60). Um ihre Argumentationskompetenz zu stärken, ist es daher essenziell, dass Lernende ihre eigenen Vorstellungen bewusst hinterfragen und Informationen logisch ordnen (vgl. Rösch 2019). Daraus ergibt sich das Vorhaben des in diesem Beitrag vorgestellten Forschungsprojekts: die Entwicklung eines evidenzbasierten digitalen Lehr-Lernsettings, in dem KI als Interaktionspartner zielgerichtet eingesetzt wird, um Jugendliche zu einer reflektierten Auseinandersetzung mit verschiedenen Positionen anzuregen und ihre Argumentationskompetenz zu fördern. Dabei wird besonders auf die Bedeutung von Prompting und die Potenziale einer KI-Interaktion eingegangen. Anstelle eines rein generativen Ansatzes (Chat-to-Generate) wird hier ein dialogisches Konzept verfolgt (Chat-to-Chat), bei dem die KI als „Schreibpartner“ fungiert und gezielt dazu anregt, Gegenargumente zu formulieren, unterschiedliche Perspektiven zu berücksichtigen und kritisch über die eigene Position nachzudenken. Die zentrale Forschungsfrage lautet: „Inwiefern fördert eine KI als dialogischer Lernpartner die schriftliche Argumentationskompetenz von Jugendlichen in der Sekundarstufe I?“ Im Rahmen einer Interventionsstudie in einer neunten Klasse der Sekundarstufe I in Baden-Württemberg werden zwei unterschiedliche Interaktionsansätze getestet: (1) eine KI, die inhaltliche Informationen zum Thema „Fast Fashion“ bereitstellt und die Lernenden zur Überarbeitung ihrer Texte anregt, und (2) eine KI, die sokratische Rückfragen stellt und damit kognitive Dissonanzen erzeugt, um argumentatives Denken zu vertiefen (Opper, 2023). Ein dreistufiges Modell fördert Selbstwahrnehmung und Perspektivwechsel (Bussmann, 2017, 2019). Im ersten Schritt reflektieren Lernende eigene Überzeugungen und Emotionen (Runtenberg, 2016), bevor sie im zweiten Schritt Gegenpositionen übernehmen (Feilke, 2010). Anschließend integrieren sie diese neuen Einsichten in ihre Argumentation, um verschiedene Standpunkte fundiert abzuwägen. Der Schreibprozess ermöglicht es, auf metakognitives Wissen zurückzugreifen, einen übergeordneten Standpunkt einzunehmen und Inhalte aus einer Meta-Perspektive zu betrachten (Kuntze/Prediger 2005).
In einem Pre-Post-Test-Ansatz fertigen sie nach einer ersten Schreibaufgabe (Pretest) eine überarbeitete Fassung (Posttest) an. Zwei Interventionsgruppen arbeiten dabei mithilfe unterschiedlich konzipierter KI-Interaktionen. Die KI übernimmt eine „Co-Acting“-Funktion, um den Einfluss variierender Promptstrategien auf Schreib- und Reflexionsprozesse zu untersuchen. Die schriftlichen Ergebnisse werden nach der NAEP Globalskala für argumentierende Texte bewertet (Gorman, 2010), während die Interaktionsprotokolle einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) unterzogen werden. Erste Ergebnisse zeigen, dass eine dialogische, insbesondere sokratisch geprägte Interaktion mit der KI zu kohärenteren, kritisch-reflektierteren Texten führt als das bloße Übernehmen generierter Inhalte. Damit wird ersichtlich, dass beim KI-Einsatz nicht allein die Textproduktion, sondern vor allem eine kognitiv aktivierende Interaktion im Mittelpunkt stehen sollte.