Vorlesen
Das Vorlesen eines (geübten) Textes gehört mit den zu den Kompetenzen, die in den Bildungsstandards für die Grundschule genannt werden:
- selbstgewählte Texte zum Vorlesen vorbereiten und sinngestaltend vorlesen,
- Geschichten, Gedichte und Dialoge vortragen, auch auswendig
- bei Lesungen und Aufführungen mitwirken.
Gleichwohl ist das Vorlesen nicht Bestandteil dessen, was im schulischen Kontext unter Lesekompetenz verstanden wird. Unter dieser Kompetenz werden in erster Linie Fähigkeiten verstanden, die die kognitive Verarbeitung des Gelesenen umschreiben. Somit ist ein guter, betonter Lesevortrag keinesfalls ein Indikator für eine gut entwickelte Lesekomptenz bzw. eine hohe Lesekompetenz garantiert nicht automatisch einen guten Lesevortrag. Dennoch dürfte eine gut entwickelte Lesekompetenz durchaus hilfreich dabei sein, einen Lesevortrag vorzubereiten, da ich als Leser dann in der Lage bin, den Text zu verstehen und z.B. auf Grundlage dieses Verständnisses bestimmte Passagen besonders zu betonen.
Beobachtungsbögen
Beobachtungsbögen zum Lesen finden sich im Netz viele. Die allermeisten Bögen decken den gesamten Kompetenzbereich Lesen ab: Texte erschließen, Leseerfahrung, Lesefähigkeit und Texte präsentieren (inkl. Vorlesen). Hier hat das Vorlesen meist einen recht geringen Stellenwert. Ein differenzierter Blick auf die Fähigkeit einen Text vorzutragen ist hiermit meist nicht möglich. In der Veröffentlichung "Praxisleitfaden LRS" des Saarlandes ist hierzu ein differenzierte Bogen vorhanden, den ich noch um einige Punkte ergänzt habe, um den Fokus nicht ausschließlich auf Verleser zu richten, sondern auch auf das sinngestaltende Lesen durch den Einsatz einer gewissen Stimmdynamik. In der Grundschule wird dies in aller Regel erst ab dem dritten bzw. vierten Schuljahr möglich sein. Beim Ausfüllen des Bogens kann man natürlich selektiv vorgehen und bestimmte Kompetenz auslassen. Den neuen bzw. ergänzten Bogen habe ich einerseits als Einzelbogen angehangen, so dass man verschiedene Lesevorträge zu verschiedenen Zeitpunkten eintragen kann und somit eine Lernentwicklung deutlich machen kann. Zum anderen liegt der Bogen als Klassenbogen vor, in den man mehrer Schüler bzw. die ganze Klasse auf einmal eintragen kann.
Förderung
Auf eine Lernbeobachtung bzw. Diagnostik sollten in der Regel auch lernfördernde Maßnahmen erfolgen, damit die Schülerinnen und Schüler bei der Erreichung der o.g. Kompetenzen unterstützt werden. Das regelmäßige Üben kann z.B. damit unterstützt werden, dass die Lernenden sich mit Hilfe eines Smartphones oder Tablets gegenseitig aufnehmen (nur Ton oder auch Video) und so im Anschluss gezielter über mögliche Verbesserungen im Vortrag unterhalten können. Der vorlesende Schüler wird sich in aller Regel selbst nicht mehr an Verleser erinnern können, da seine Aufmerksamkeit in dem Moment voll auf den Text gerichtet ist.
Weiterhin kann die Verwendung eines einfachen Lesepfeils dabei helfen, innerhalb eines ggf. eng gedruckten Textes nicht zu verrutschen. Der Lesepfeil sollte natürlich schlicht sein. Ein bunter, umfangreich illustrierter Lesepfeil wird schnell dafür sorgen, dass das Auge des Lesers unnötig abgelenkt ist.
Mit Maßnahmen der Textentlastung können Textschwierigkeiten minimiert werden und somit der Lesevortrag unterstützt werden.
Links und weitere Hinweise
Der Börsenverein des deutschen Buchhandels veranstaltet in jedem Jahr einen Vorlesewettbewerb für Schülerinnen und Schüler der sechsten Schuljahre. Dort werden im Lehrerbereich zahlreiche Materialien angeboten, die sich aber (in abgespeckter Variante) auch in der Grundschule einsetzen lassen.
Das Hessische Kultusministerium hat in seiner Reihe "LeseInfo" ein Heft mit dem Titel "Vorlesen? Vorlesen!" veröffentlicht. Auch hier finden sich Anregungen zur schulischen Förderung der Vorlesekompetenz.
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